Eine Cola Light enthält null Nährwert, dafür Wasser, synthetische Süßstoffe, Farbstoffe und Aromen – trotzdem kann sie als Nutri-Score ein grünes B bekommen. Ein naturtrüber Bio-Apfeldirektsaft dagegen nur ein gelbes C, weil rein rechnerisch der Kaloriengehalt bei Diät-Cola geringer ist als bei Fruchtsaft.
Konventioneller aromatisierter und mit Zuckeraustauschstoffen gesüßter Erdbeerjoghurt schneidet beim Nutri-Score besser ab als ein Bio-Fruchtjoghurt, dessen Geschmack aus echten Früchten stammt, die aber von Natur aus eine bestimmte Menge Fruchtzucker enthalten.
Wie aussagekräftig ist der Nutri-Score?
Entwickelt von ErnährungswissenschaftlerInnen in Frankreich, kann er seit November 2020 bei uns verwendet werden. Im Bio-Laden ist er bisher kaum zu finden, aber immer häufiger im Supermarkt und dort auch auf Bio-Produkten.
Der Nutri-Score übersetzt Nährwerte eines Produktes in Farben, ähnlich einer Ampel. Das soll helfen, gesünder einzukaufen und ausgewogener zu essen. Heißt: Je roter, desto seltener. Er ermöglicht den schnellen Vergleich ähnlich verarbeiteter Produkte. Die Skala startet beim grünen A und geht bis zum roten E. Wie die klassische Nährwertkennzeichnung auf der Rückseite der Verpackung bezieht sich der Nutri-Score auf 100 g bzw. 100 ml des zu Grunde liegenden Produkts.
Bei der Berechnung wirkt sich der Anteil von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen positiv aus, aber der Ballaststoffgehaltwird nur bis zu einem Anteil von 4,7 Prozent positiv gewertet. Alles darüber wird nicht mehr berücksichtigt. Gerade bei Pasta, Keksen und Snacks setzen Bio-Hersteller aber oft auf Vollkornqualität.
Der Anteil von Kernen und Ölsaaten wie Sesam- und Leinsaat wird nicht positiv berücksichtigt, sondern wegen des Fettgehalts negativ. Pluspunkte gibt es nur für Oliven-, Raps- und Walnussöl, nicht für andere wertvolle Öle wie Lein- oder Kürbiskernöl in Aufstrichen und Feinkostsalaten.
Negativ schlagen Zucker, gesättigte Fettsäuren, Salz und ein hoher Kaloriengehalt zu Buche.
Hinzu kommt: Bio lässt aus Überzeugung weg. Nämlich alles, was zu weit weg ist von echten Lebensmitteln. Dazu zählen insbesondere die meisten der über 300 in der EU erlaubten Zusatzstoffe. Sind z.B. synthetische Süßstoffe, Geschmacksverstärker und Aromen enthalten, führt dies nicht zu einer Abwertung.
Der Verzicht auf Gentechnik, synthetische Pestizide und Dünger bei Bio-Produkten wird nicht honoriert. Der Grad der Verarbeitung spielt keine Rolle. Insgesamt führt das zur Benachteiligung von Bio-Produkten.
Ob mit Nutri-Score oder ohne: Wer wissen will, was alles drin ist, checkt am besten Zutatenliste und Nährwerttabelle, die für jedes verpackte Lebensmittel Pflicht sind. Denn gesunde Ernährung lässt sich nicht auf eine farbige Buchstabenleiste reduzieren. Trotzdem macht „Essen nach Farben“ durchaus Sinn, wenn nämlich je nach Saison eine bunte Mischung im Einkaufswagen landet: grüner Spinat, rosaroter Rhabarber, orangefarbene Möhren und weißgelber Chicorée zum Beispiel.