Seit nunmehr 150 Jahren verankert der §218 die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch. Die geschichtlichen Zusammenhänge machen dabei deutlich, dass die Thematik immer wieder für die Interessen der jeweiligen Machtinhaber missbraucht, nicht aber im Sinne der betroffenen schwangeren Personen verhandelt wurde. Das Ergebnis ist erschreckend. Die Verankerung im Strafgesetzbuch stigmatisiert und kriminalisiert sowohl die Betroffenen als auch das Fachpersonal, das die Eingriffe vornimmt. In der Folge existieren bis heute keine medizinischen Leitlinien zur sicheren Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und das gesamte Prozedere ist noch immer kein fester Bestandteil der Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen. Die Möglichkeit sich strafbar zu machen verunsichert die Ärzteschaft und hat zum Ergebnis, dass seit 2003 die Zahl von Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, um rund 40%, gesunken ist. Bei den wenigen Gynäkologen und Gynäkologinnen, die die Eingriffe durchführen, kommen immer wieder veraltete Methoden wie die Ausschabung zur Anwendung. Dabei stehen mittlerweile sicherere und nebenwirkungsärmere Verfahren zur Verfügung, wie Medikamente oder die Vakuumaspiration.
Doch die Betroffenen stoßen schon viel früher auf unter Umständen folgenschwere Hindernisse. Wer in Deutschland eine Abtreibung vornehmen lassen möchte, muss mindestens drei Tage vor dem Abbruch eine Schwangerschaftskonfliktberatung wahrnehmen, die nicht von der behandelnden Ärztin durchgeführt werden darf, sondern nur von dafür anerkannten Beratungsstellen. Menschen, die ihre Schwangerschaft gerade erst bemerkt haben, geraten so unter Umständen in Zeitnot, da in Deutschland nur bis Ende der 12. Woche nach der Empfängnis ein Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der sogenannten Beratungsregelung zulässig ist. Für die verpflichtende Wartezeit zwischen Konfliktberatung und Abbruch gibt es allerdings keine medizinische Grundlage. Es ist eine politische Entscheidung.
Es ist überfällig, den Betroffenen mehr Rechte und Entscheidungsspielraum sowie den barrierefreien Zugang zu einem Abbruch als öffentliche Gesundheitsleistung zu gewähren. Der internationale Vergleich zeigt, dass der legale, flächendeckende und hürdenfreie Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in erster Linie nicht die Anzahl der Eingriffe erhöht, sondern die medizinische Sicherheit. Auch internationale Organisationen wie die WHO oder die Frauenrechtskonvention der UN (CEDAW) fordern deshalb die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und die Bereitstellung dieser als öffentliche Gesundheitsleistung. Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch sind außerhalb des Strafgesetzes möglich und nötig, beispielsweise in Sozialgesetzbüchern oder innerhalb der für den Gesundheitsbereich geltenden Rechtsordnungen.
Das Recht auf Abtreibung muss unter völliger Straffreiheit gewährt werden. Dafür setzen wir uns ein am 28. September zum Safe Abortion Day.