Am 12. Dezember 2024 ist der Internationale Tag der allgemeinen Gesundheitsversorgung, an dem eine universelle, qualitativ hochwertige und vor allem für alle Menschen zugängliche Gesundheitsversorgung gefordert wird. Die Gesundheit von Frauen* und Mädchen* ist weltweit untrennbar mit gesellschaftlichen Strukturen, Rollenbildern und biologischen Unterschieden verknüpft. Auch 2024 sind patriarchale Strukturen in Deutschland immer noch präsent und wirken in die Gesundheitsversorgung und den Alltag hinein. Gesellschaftliche Ungleichheiten, in denen Frauen* und Mädchen* häufiger geschlechtsspezifische Diskriminierung, Gewalt und ökonomische Benachteiligung erleben, spiegeln sich in vielfältigen Aspekten der Frauen*gesundheit wieder.
Frauen* sind oft Hauptverantwortliche für Haushalt, Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen. Die spezifischen Anforderungen, die sich aus der Doppelbelastung durch Beruf und Care-Arbeit ergeben, führen dazu, dass Frauen* vermehrt in Teilzeit arbeiten. Hinzu kommt, dass Frauen* häufiger in schlechter entlohnten Berufen arbeiten oder bei gleicher Arbeit oft weniger verdienen als Männer. Das wirkt sich langfristig negativ auf ihre ökonomische Situation und damit auch ihre Gesundheit aus. Gerade alleinerziehende oder arbeitslose Frauen* sind oft erheblich belastet. Frauen* sind zudem deutlich häufiger von Altersarmut betroffen.
Zudem sehen sich Frauen* und insbesondere Mütter*, tagtäglich strukturellen Hürden und Herausforderungen gegenüber, die tief in unserer Gesellschaft, unseren Institutionen und Normen verwurzelt sind. Diese Herausforderungen, wie unzureichende Betreuungsangebote, ungerechte Elternzeitregelungen, Diskriminierung am Arbeitsplatz und ungleiche Bezahlung, führen oft dazu, dass Frauen* ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen in Frage stellen, obwohl sie in Wirklichkeit gegen eine systemische Ungerechtigkeit ankämpfen und daran oft scheitern. Es ist entscheidend diese strukturellen Probleme zu erkennen und auch als solche zu thematisieren.
Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* ist auch ein gesellschaftlich tief verankertes Problem und stellt ein enormes gesundheitliches Risiko dar. Rund jede dritte Frau* erlebt in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt. Alltagssexismus oder sexuelle Belästigung erleben noch weitaus mehr Frauen* und Mädchen*. Solche Gewalterfahrungen können körperliche, psychische und psychosomatische Folgen haben und sich auch auf die reproduktive Gesundheit auswirken. Auch die Lebenssituation und das Sozialleben der Frauen* sind häufig stark beeinträchtigt. Es braucht, vor allem vor dem Hintergrund angestiegener Gewalttaten gegen Frauen*, ausreichend Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten, für gewalterfahrende Frauen* und Mädchen*.
Zudem sind Frauen* und Mädchen* nachweislich häufiger von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Essstörungen betroffen als Männer. Neben gesellschaftlichen Erwartungen, sozialen Rollenbildern und geschlechtsspezifischen Diskriminierungserfahrungen spielen auch hormonelle Einflüsse eine wesentliche Rolle. Sie beeinflussen beispielsweise nicht nur den Menstruationszyklus, sondern zum anderen auch das Risiko für verschiedene Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen, die bei Frauen* deutlich häufiger auftreten. Auch Erkrankungen wie Endometriose, Myome oder Gebärmuttersenkungen und auch die Herausforderungen durch Schwangerschaft und Menopause stellen spezifische Belastungen dar, die oft mit erheblichen physischen und psychischen Beschwerden einhergehen.
Trotz dieser Unterschiede wurden Frauen* lange Zeit aus klinischen Studien ausgeschlossen. Weiterhin wird noch immer der männliche Körper als Standard verwendet, was sich in einer deutlichen Forschungs- und Wissenslücke hinsichtlich geschlechtsspezifischer Aspekte deutlich macht. Dies führt nicht nur zu fehlerhaften oder ausbleibenden Diagnosen und ungeeigneten Behandlungsansätzen, sondern kann auch potenziell schädlich sein. Medikamente sind nicht auf den weiblichen Körper abgestimmt und mögliche Unterschiede in der Wirkweise und Dosierung bei Frauen* und Mädchen* werden nicht ausreichend berücksichtigt.
Um der Komplexität der Frauen*gesundheit gerecht zu werden, ist es zudem notwendig, eine intersektionale Perspektive einzunehmen, die neben dem Geschlecht auch den sozioökonomischen Status sowie die Zugehörigkeit zu ethnischen oder sexuellen Minderheiten berücksichtigt. Um eine gerechte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, bedarf es struktureller Veränderungen, die den spezifischen Bedürfnissen von Frauen* und Mädchen* Rechnung tragen, die weibliche Lebensrealität besser berücksichtigen und sich aktiv gegen soziale Ungleichheiten einsetzen, die Frauen* und Mädchen* in vielerlei Hinsicht belasten.